Momentaufnahmen | 2025
Multimediale „Fundstücke“ geben weitere Einblicke in die Komplexität und Vielschichtigkeit der Geschehnisse von Monaten eines weiteren Jahres. Es sind kleine Puzzlestücke, die dazu beitragen, das Gesamtbild im Kontext von Vergangenheit und Gegenwart zunehmend mehr zu vervollständigen.
Das Funkhaus Berlin wandelt sich weiter – einst Heimat klassischer Klangkunst und des künstlerischen Wortes, ist es heute zunehmend Bühne für internationale Acts. Die peruanisch-deutsche Produzentin Sofia Kourtesis hat dem Ort mit ihrem Track Funkhaus längst ein musikalisches Denkmal gesetzt. Gleichzeitig ist das Funkhaus seit langem schon Produktionsstätte von Nils Frahm, der als einziger Künstler das legendäre Studio 3 dauerhaft nutzt – für seine Tonträger-Produktionen ebenso wie Saal eins mitunter für Konzerte vor Tourneen. Siehe auch radioeins am 9. Juni: "Berlin Sounds: Klang und Raum" ab Minuten 120'07'' I Übersicht über vergangene und kommende Konzerte 2025 findet sich unter hier.
100 Jahre Rundfunkchor Berlin
Am 31. Mai 2025 beschloss der Rundfunkchor Berlin seine Feierlichkeiten zum 100-jährigen Bestehen mit einem vierten und zugleich abschließenden Jubiläumskonzert im Konzerthaus Berlin. Auch wenn der Rundfunkchor schon zu DDR-Zeiten weit über Berlin hinaus internationale Beachtung fand, war die Nalepastraße über Jahrzehnte hinweg ein zentraler Ort seines künstlerischen Alltags und Schaffens. Lesen Sie bitte weiter ...
Elektroakustischer Pionier und prägender Ingenieur des Funkhauses Nalepastraße
Gerhard Steinke war eine Schlüsselfigur in der Geschichte des ehemaligen DDR-Rundfunkzentrums in der Berliner Nalepastraße – dem heutigen „Funkhaus Berlin“. Der geborene Dresdner, der an der dortigen TH studierte, hatte beim Wiederaufbau des Dresdner Großen Hauses als Opernspielstätte (1947-49) an der Seite des Architekten Franz Ehrlich gemeinsam mit der Akustikerin Gisela Herzog entscheidende Impulse für den Bau der Aufnahmesäle im Funkhaus Nalepastrasse gewonnen. Seit den 1950er Jahren prägte er als Toningenieur, Akustiker und Forscher maßgeblich die technische Entwicklung des Hauses. Lesen Sie bitte weiter ...
Matthias Thalheim erinnert an einen Hörspielmenschen voll Leidenschaft
Mit Hans Bräunlich, 1940 in Berlin geboren, verlor die ehemalige Hörspielproduktion des DDR-Rundfunks am 5. Mai 2025 einen in vielen Genres bewanderten Dramaturgen, engagierten Bearbeiter und Autor. Wie seine namhaften Kollegen Gerhard Rentzsch, Wolfgang Beck oder Ludwig Achtel war Hans Bräunlich kein Mitglied der SED. Zu den von ihm betreuten Autoren gehörten Joachim Walther, Helmut Bez, Omar Saavedra Santis oder Jens Sparschuh. Er initiierte Hörspieladaptionen der Werke von Brigitte Reimann, Daniil Granin, Valentin Rasputin, Jannis Ritsos; von Arthur Schnitzler, Denis Diderot, Hölderlin oder Goethe. Über viele Jahre hinweg in enger Arbeitsfreundschaft mit dem Regisseur Fritz Göhler. Hans stritt eloquent für eine breite Skala literarischer Talente.
In meiner Erinnerung an heftige Arbeits- und Kantinen-Debatten im Foyer von Block B hält sich jener anekdotenhafte Moment, in dem Hans im Eifer seiner Rede die zweite Tasse Kaffee vergaß, die er der Regieassistentin Ingrid Hauschild vom Buffet mitgebracht hatte und voller Verve den ganzen Stapeltassen-Turm zum Munde führte, was Aufschrei und Gelächter auslöste, als der Inhalt der Erdgeschoss-Tasse zu Boden tropfte. Er war ein Hörspielmensch voll Leidenschaft.
Bei Führungen durch das Ostberliner Funkhaus kommt immer wieder die Frage auf, was unter dem Begriff „Nalepasound“ zu verstehen sei? Ein guter Anlass, zu erklären, dass die „Nalepastraße“, in dem sich das Sendezentrum des DDR-Rundfunks befand, nicht, wie man womöglich vermutet, nach einem Arbeiterführer oder Kommunisten benannt ist, sondern nach dem Textilunternehmer Paul Nalepa (1846-1900). Seit 1904 trägt die Straße den Namen dieses Färberei- und Teppichfabrikanten, der als Schöffe auch als Gemeindevertreter im Stadtteil Oberschöneweide wirkte.
Berliner Radiokenner wussten zu Zeiten der geteilten Stadt die Programme der verschiedenen Funkhäuser zu unterscheiden. Da gab es den RIAS (Rundfunk im amerikanischen Sektor) aus dem Funkhaus Kufsteiner Straße (heute: Hans-Rosenthal-Platz), den SFB (Sender Freies Berlin) aus dem Funkhaus in der Masurenallee und den Rundfunk der DDR aus der Nalepastraße. Von fremdsprachigen Soldatensendern AFN (American Forces Network) oder BFBS (British Forces Broadcasting Service) abgesehen.
Am deutlichsten unterschieden sich die Hörfunk-Programme dieser Stationen in Musikauswahl, Moderation und Nachrichtengebung.
Aber selbst im Bereich der Hörspielproduktionen gab es für Radiokenner hörbare Unterschiede zwischen Ost und West. Die Hörspielproduktionen des DDR-Rundfunks entstanden überwiegend in den raumakustisch opulent ausgebauten Hörspielstudios H1 und H2 im Funkhaus Nalepstraße. Lesen Sie bitte weiter ...
Nicht erst seit 2025 bereitet sich das Orchester "Utopia" mit Proben, Aufnahmen und Aufführungen sinfonischer und kammermusikalischer Werke auf seine jeweiligen Tourneen an einem Ort vor, den es liebevoll als ihren "kreativen Residenzort" bezeichnet.
Auf der Künstler-Website beschreibt sich "Utopia" als ein internationales Festivalorchester, das vom Dirigenten Teodor Currentzis gegründet wurde, um die besten Musiker aus der ganzen Welt zusammenzubringen. "Utopie" sei strukturell, finanziell und organisatorisch unabhängig von anderen Kollektiven und Institutionen. Erfahren Sie mehr ...
Bei den Proben Anfang April erhielten Besucherinnen und Besucher der öffentlichen Samstagsführung die Gelegenheit – wenn auch eher zufällig und nur für wenige Minuten – dem Orchester im Saal 1 bei seiner künstlerischen Arbeit zusehen zu dürfen. Mit oder auch nach einem Klick auf das Video-Vorschaubild darf man sich eingeladen fühlen, besondere Momente zu erleben, die die Kraft von "Utopia" verkörpern – aufgenommen nur wenige Tage vor dem Gastkonzert in der Berliner Philharmonie. Siehe auch: klassik-begeistert.de
Geschichte des Subharchords. Subharmonische Mixturen aus Ostberlin
Ende der 50er-, Anfang der 60er-Jahre wurde in den Studios des Rundfunk- und Fernsehtechnischen Zentralamts Berlin-Adlershof ein elektronischer Klang- und Geräuscherzeuger gebaut: das Subharchord. Obwohl vielseitig einsetzbar, war dem originellen Gerät keine lange Erfolgsgeschichte beschieden.
Erst mit Verspätung von gut einem halben Jahrhundert erobert das elektronische Instrument seinen Platz in der Musikgeschichte. Darin sei erinnert. Weiteres ...I Erinnerung an eine Sendung von Deutschlandradio Kultur von 2017
Ein Januar voller Erinnerungen an DT64
Das Jahr 2025 beginnt am 2. Januar gleich mit einer Führung durch den denkmalgeschützten Teil des Funkhauses Berlin. Wenige Tage später, am 7. Januar, widmet sich u. a. auch "DAS!" im NDR dem Jugendradio DT64, einem zentralen Bestandteil der DDR-Jugendkultur. Gegründet 1964 zum Deutschlandtreffen der Freien Deutschen Jugend, wurde DT64 1986 ein eigenständiger Sender und zur wichtigsten Plattform für die junge Generation der DDR. Nach der Wiedervereinigung kämpften engagierte Hörerinnen und Hörer für den Erhalt des Senders, doch 1993 wurde DT64 endgültig eingestellt. Im Beitrag kommen die Zeitzeugen Alexander Pehlemann und Jörg Wagner zu Wort und berichten über den prägenden Einfluss des Senders. Am 29. Januar findet die feierliche Premiere des Buches „Power von der Eastside! Jugendradio DT 64 – Massenmedium und Massenbewegung“ im Roten Salon* der Berliner Volksbühne statt. Das Buch beleuchtet die einzigartige Geschichte von DT64 und die Bedeutung des Senders als Medium und Bewegung für die Jugend in der DDR.
Welcome to Funkytown: Hier funkt es bald wieder
Das neue Kreativ-Quartier steht für die Revitalisierung und Transformation genau des Ortes, auf dem sich das Bestandsgebäude - ehemals Block E-R, künftig BLOCK-E - genannt, befindet. Der Stahlbetonbau ist und bleibt ein Klassiker. Nicht nur aus der Entfernung ist der fünfstöckige BLOCK-E imposant, auch im Inneren warten Schätze der Geschichte: Die Graffitis der letzten Jahrzehnte werden konserviert und die Etagen bieten künftig dank der Transformation durch AIP Planungs GmbH großzügige Grundrisse. Kombiniert mit neuen Materialien, moderner Technik plus einer Dachterrasse und einem Café, entstehen hier wieder innovative Work-Lofts und Studios für kreative Arbeit. Zusätzlich werden acht moderne, neue Gebäude, die sogenannten STATIONS, für vielseitige Nutzungen entwickelt: Gaming, Kunst, Kultur, Bildung und Co-Working, Unterhaltung, Beherbergung, Gastronomie und Shops werden hier einziehen. Lesen Sie bitte weiter ...
Heiko Hilker, einer der Autoren des Buches „Power von der Eastside“, beschreibt in seinem Beitrag „DT64: Was war? Was bleibt? Was wird?“, wie beeindruckend es war, im Herbst 1989 mitzuerleben, wie schnell sich viele DDR-Medien reformierten – und das von innen heraus. Medien, denen die Menschen noch wenige Monate zuvor misstraut hatten, wurden plötzlich massenhaft gelesen, gesehen oder gehört.
Die Frage, warum sich das DDR-Mediensystem 1989 so schnell und fast vollständig von innen heraus reformieren konnte, lässt sich durch die Entschlossenheit der Mitarbeitenden erklären. Viele von ihnen wollten die Veränderungen selbst in die Hand nehmen. Sie sahen sich nicht nur als Journalisten oder Redakteure, sondern auch als Teil eines gesellschaftlichen Wandels.
Trotz dieses Reformwillens hatten ihre Bemühungen jedoch kaum Einfluss auf die spätere Medienstruktur. Mit der Wiedervereinigung wurden die DDR-Medien von westdeutschen Akteuren übernommen. Dabei ging es weniger darum, den „Originalton Ost“ oder die neuen Ideen zu bewahren. Stattdessen wurden die Medien schnell an westdeutsche Standards angepasst. Wichtige Ansätze wie die Wahl von Intendanten durch die Belegschaften oder selbstorganisierte Programme wurden ignoriert und aufgegeben.
Ein Blick zurück könnte heute helfen, die Leistungen der damaligen Medienschaffenden mehr zu würdigen. Gleichzeitig würde er zeigen, wie in den 1990er Jahren der Grundstein für die mediale Spaltung in Deutschland gelegt wurde. Viele Ostdeutsche fühlten sich in der neuen Medienlandschaft nicht mehr vertreten. Diese Entfremdung hat bis heute Auswirkungen.
Die Geschichte der DDR-Medienreform wird selten thematisiert. Doch sie zeigt, dass die mediale Spaltung in Deutschland nicht nur ein aktuelles Problem ist. Sie hat ihre Wurzeln in den Umbrüchen nach 1989. Siehe auch: Medialer Aufbruch vor 35 Jahren & Ventil Verlag
Interviews mit Gisela Herzog und Gerhard Steinke
Buchempfehlung: "Der Raum ist das Kleid der Musik"
Die Herausgeberin der Zeitreisen-Webpräsenz freut sich über Zeitzeugen*innen, die peu à peu helfen, die Seiten dieses Online-Portals mit historischen Dokumenten auch weiterhin zu füllen. || Entgegen genommen werden bereits aufbereitete digitalisierte Beiträge unter Einhaltung des Datenschutzes. || Stationen der virtuellen Zeitreise